Im Volksglauben wird eine behaarte Brust mit einem hohen Testosteronspiegel gleichgesetzt. Dieses wichtigste männliche Sexualhormon wird automatisch als Anzeiger der Fruchtbarkeit des Mannes angesehen. Doch kann man daraus wirklich den Schluss ziehen, dass Männer mit einer üppigen Brustbehaarung fruchtbarer sind als andere?
Behaarung der Brust: Testosteron und die Fruchtbarkeit
Testosteron gilt als das männliche Haupt-Sexualhormon. Im Zusammenspiel der Hormone nimmt es zwar einen gewissen Stellenwert ein, es funktioniert aber nicht ohne das Zusammenspiel mit vielen weiteren Hormonen und Botenstoffen. Testosteron wird zu 90 Prozent in den Hoden und zu 10 Prozent in der Nebennierenrinde gebildet. Frauen haben ebenfalls einen gewissen Anteil Testosteron im Körper. Dieser ist um das 10-fache geringer als bei Männern. Bei der Frau wird es in den Eierstöcken produziert und trägt maßgeblich zur Regulierung des weiblichen Hormonhaushaltes bei. Testosteron wird aus Cholesterin gebildet, eben jenem fettartigen Stoff, mit dem so viele Männer in Alter zunehmend Probleme bekommen.
Testosteron steuert beim Mann zunächst das Triebverhalten. Im Gehirn werden Folge-Hormone und Botenstoffe daraus gebildet. Diese weiteren Stoffe regeln unter anderen die Erektionsfähigkeit, den Aufbau der Muskulatur und das geistige Durchsetzungsvermögen des Mannes. Im Penis selbst sorgt das Testosteron für die Ausbildung der glatten Muskelfasern, die für den Fluss des Blutes in die Schwellkörper gebraucht werden.
Die Rolle des Testosterons bei der Spermienbildung
Für die ausreichende Bildung befruchtungsfähiger Spermien sind neben Testosteron die Hormone FSH und LH zuständig. Das follikelstimulierende Hormon FSH (auch als Follitropin bezeichnet) sowie Luteinisierungshormon LH (oder Lutropin) werden über die Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) freigesetzt. LH nimmt direkten Einfluss auf die Testosteronproduktion in den Hoden. FSH wirkt sich auf die Reifung der Spermien aus. Beide Hormone sorgen übrigens in anderer Zusammensetzung auch für die Eireifung und den Eisprung der Frau. Insgesamt bildet der Hormonhaushalt des Menschen ein geschlossenes System, in dem alle Komponenten voneinander abhängig sind.
Damit dieser komplexe Kreislauf effektiv arbeiten kann, muss sich das Gesamtsystem Mann im Einklang befinden. Die organische sowie psychische Gesundheit nimmt direkten Einfluss auf die Steuerung der Hormonausschüttung.
Was das Brusthaar mit der Fruchtbarkeit zu tun hat
In den Hoden werden aus Testosteron winzige Mengen des Folge-Hormons Dihydrotestosteron DHT gebildet. Dieses bestimmt über das typisch männliche Haarwachstum im Gesicht und auf der Brust. Die festen Arten der erwachsenen menschlichen Behaarung nennt man Terminalhaar. Das feine flaumartige Grundhaar wird als Vellushaar bezeichnet. Sexualhormone geben ab der Pubertät die entscheidenden Impulse, wo aus diesem feinen Flaum festeres Haar wie Brusthaar oder das noch gröbere Schamhaar ausgebildet werden. Den Startschuss zu diesen Veränderungen gibt bei Jugendlichen beiden Geschlechts das Testosteron.
In späteren Jahren kann durch Veränderungen des Hormonspiegels Haar an verschiedenen Körperstellen ausfallen. Die Disposition dazu ist erblich oder von Faktoren wie Stress und Krankheiten abhängig. Tatsächlich kann dafür ein erhöhter oder auch zu niedriger Testosteronspiegel verantwortlich sein. Diese Veränderungen wirken sich beim Mann in der Regel nur auf das Haupthaar aus. Geheimratsecken, die Glatze am Hinterkopf oder der kreisrunde Haarausfall können durch einen gestörten Hormonhaushalt beeinflusst werden. Das Brusthaar ist davon in den aller seltensten Fällen betroffen. Hat ein Mann besonders viele Brusthaare bedeutet dies aber nicht automatisch, dass er gesund ist. Es gibt auch keinen Hinweis auf einen besonders hohen Testosteronspiegel.
Warum manche Männer mehr Haare auf der Brust haben
Die Bildung von Brusthaar beginnt beim Mann ab der Pubertät, ist damit aber nicht abgeschlossen. Bei den meisten Männern ändern sich Körperbau und Brustbehaarung nochmals zwischen dem 20 und 30 Lebensjahr. Seit der Entdeckung der genetischen Erbinformationen gelten diese als maßgeblich was Menge und Farbe des Haars angeht. Dass Brusthaar und Männlichkeit nicht unbedingt zusammengehören, zeigen Völker, bei denen die Disposition für diese Art der Körperbehaarung völlig fehlt. Die indigenen Völker Nord- und Südamerikas kennen üppige Brusthaare ebenso wenig wie viele südafrikanische Stämme. Weniger Testosteron haben diese Männer deswegen nicht.
Der Mann und die Fruchtbarkeit
Um im klassischen Sinn fruchtbar zu sein, braucht der Mann zunächst einmal die Fähigkeit zur Erektion und zur Ejakulation. Doch das reicht bei weitem noch nicht aus! Auf die Qualität der Spermien kommt es an und hier bewegt sich vieles noch im Graubereich der Wissenschaft. Die Biochemie des Menschen ist von Umwelteinflüssen abhängig, der Psyche und den allgemeinen Lebensumständen eines Menschen. Wie wir gesehen haben, ist es nicht nur ein besonders hoher Spiegel eines bestimmten Hormons, sondern das passende Zusammenspiel vieler Botenstoffe und der Umweltreize. Eben diese Ganzheit und Ausgeglichenheit stellt die westlichen Schulmediziner immer noch vor ein Rätsel.
So wirken im Zusammenkommen von Mann und Frau ebenfalls weit mehr Faktoren als nur Testosteron und Östrogen. Zur Zeugung und Empfängnisbereitschaft gehören auch Wille, Gefühl und das passende Zusammentreffen zweier sich ergänzender Pole zur richtigen Zeit. Eine starke Brustbehaarung kann sich als „fruchtbar“ erweisen, wenn die Frau sich davon stark angezogen fühlt.
Wie Brustbehaarung von Frauen wahrgenommen wird
In unserer Gesellschaft gibt es einen klaren Trend gegen Brust- und Schamhaar. Bereits seit den 1990er Jahre verstärkt sich das Schönheitsideal eines nahezu haarlosen Körpers. Viele Männer rasieren sich Brust, Achsel oder Schamhaare komplett ab. Die Beweggründe dafür sind verschieden. Bei einem Mann ist es das persönliche Schönheitsempfinden, beim anderen ist es die Partnerin, die das Aus für die Kuschelmatte auf der Brust setzt! Eine Studie der Universität des Saarlandes widmete sich intensiv dieser Frage. Die Wissenschaftler zeigten rund 200 repräsentativ ausgewählten Frauen Fotos von 20 Männerkörpern.
Damit die Frauen nur den Zustand mit und ohne Brusthaare beurteilten, wurden ihnen die gleichen Männer zweimal gezeigt. Die erste Bildstrecke zeigte die Männer mit normaler Körperbehaarung und für die zweiten Aufnahmen hatten sich alle die Brust rasiert.
Interessanterweise fanden Frauen, die sich in oder kurz nach den Wechseljahren befanden, Männer mit Brusthaar deutlich attraktiver. Bei den jüngeren teilte sich das Feld in zwei Gruppen. Frauen, die die Pille nahmen, erteilten dem Brusthaar eher eine Absage, als solche, deren Körper sich im natürlichen hormonellen Zustand befand. Die Pille kann bei Frauen den Spiegel männlicher Sexualhormone minimal erhöhen. Diese winzige Veränderung kann bereits ausreichend sein, männliche Sexualreize ganz anders zu interpretieren.
Männer, Brustbehaarung und Fruchtbarkeit: Das Fazit
Kurz zusammengefasst kann man also sagen, dass Brusthaare weder etwas mit der tatsächlichen Fruchtbarkeit eines Mannes noch mit einem ausgeglichenen Hormonspiegel zu tun haben. Selbst wenn sich der Hormonhaushalt im Laufe eines Männerlebens nachteilig verändert, zeigt sich dies eher am Kopfhaar, denn am Brusthaar. Inwieweit Brustbehaarung ausgebildet wird, entscheidet sich durch die genetische Disposition sowie die Lebensumstände zwischen der Pubertät und dem 30. Lebensjahr. Das Hormon Testosteron in zwar an der Bildung des Haars beteiligt, dennoch lässt dieser Umstand keine Rückschlüsse auf die Fruchtbarkeit eines Mannes zu. Um Zeugungsfähig zu sein, braucht ein Mann das harmonische Zusammenspiel aller Hormone und nicht nur einen möglichst hohen Testosteronspiegel.